Genauigkeit gilt als gut, Ungenauigkeit als schlecht, Einfallsreichtum als gut, Phantasielosigkeit als schlecht, Ordnung gut, Schlamperei schlecht, Kraft gut, Schwäche schlecht. Auch das Gegensatzpaar Stabilität und Labilität lässt sich mit der gleichen Selbstverständlichkeit für die Beschreibung der körperlichen oder psychischen Beschaffenheit eines Menschen, wie für die Bewertung der Qualität einer Konstruktion anwenden.
Damit beschäftigt man sich als Designer, im Idealfall: Sowohl präzise, als auch phantasievoll Materialien anzuordnen und dabei eine kraftvolle persönliche Handschrift und eine neue Idee zu hinterlassen. Unaufdringlich dienend. Dabei hofft man, dass der Stuhl nicht zerbricht, wenn sich gewichtige Persönlichkeiten draufsetzen. Aber wo bleibt das Pfützenhafte, das Zwischenstadium, die befreiende Idee der Zusammenhanglosigkeit, der Zufall, für den man immer offen sein sollte, und das Fragment, also die Orte und Situationen, von denen aus jede wirkliche Idee ihren Ursprung nimmt? Ein Teil meiner Arbeiten seien skizzenhaft, wurde mir vorgeworfen, halbgar, und ich finde, da haben die Kritiker recht. Ich als heimlicher Perfektionist leide am meisten darunter. Teilweise empfinde ich sogar Werke, die sorgfältiger ausgeführt sind als das meiste, was man beim Möbelriesen kauft, als immer noch verbesserungsfähig. In anderen Fällen ist ganz einfach die wirtschaftliche Perspektivlosigkeit eines Entwurfes der Grund dafür, dass ich ihn nicht ganz zu Ende entwickeln kann. Oft sind das meine persönlichen Lieblinge. Bordeaux ist auch ein Liebling, aber inhaltlich das genaue Gegenteil davon: Die Weinflasche als Kerzenhalter oder Blumenvase, also ein Gegenstand, der beinahe exemplarisch für spontane Umnutzung steht, hat seine endgültige Ausführung gefunden. (2010)
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Blumenvase, Kerzenständer Porzellan Kleinserie in Eigenproduktion © Herwig Huber 2001 |
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