Das Bedürfnis, Gegenstände zu entwerfen, ist so weit verbreitet, dass sich die Frage aufdrängt, warum noch ein Mensch mehr sein Leben als Designer verbringt.
Was mich angeht, so werden Sie bei der Betrachtung meiner Arbeiten auf dieser website zwangsläufig zu dem Schluss kommen, dass alle Stücke möglichst übersichtlich, wenn nicht gar minimalistisch gestaltet sind, dass ich von Materialien und ihren Kombinationsmöglichkeiten fasziniert bin und dass mich der Entwurfsprozess immer wieder aufs Neue fesselt, deshalb erspare ich Ihnen ein Credo dieser Art. Stattdessen sind einigen Stücken Texte beigefügt die über den >TEXT/BILD-Button anstelle der Abbildung erscheinen: Gedanken und Erlebnisse, die mit der Gestaltung des jeweiligen Werkes zusammenhängen. Es folgt ein Beispiel, das zwar keines meiner Werke, aber immerhin die farbliche Gestaltung des Bodens in meinem Atelier zum Thema hat: Ach Vanille, Königin der Gewürze buck luch, du verwandelte Göttin Vanilla planifolia, tiefgründige Blume cacixanatl, du schwarzes Gold, Aphrodisiakum, Hirntonikum, Antidepressivum, Appetitzügler, Antiseptikum, Duftstoff, bist so süß, betörend, reich und schwer, stellt Annemarie Wildeisen in ihrem Buch über die Vanille sinngemäß fest. Aber nicht um der therapeutischen Wirkung, des Geschmackes oder des Duftes willen, sondern um mich an der schönen Farbe weiden zu können, beschloss ich, den graulackierten Betonboden in meinem Atelier vanillefarben zu streichen. Um genauer zu sein, in dem cremig hellen Gelbton, in dem vanille- oder vanillinhaltige Speisen, einer gezüchteten Kundenerwartung entsprechend, normalerweise mit Lebensmittelfarbe gestaltet werden. Ich bin zwar gegen ästhetische Konventionen, finde aber, diese Farbe passt sehr gut zum Vanillegeschmack. Außerdem trägt Dr. Julius No in dem Film “James Bond jagt Dr. No” einen sehr eleganten Anzug in dieser Farbe, oder fast, vielleicht ist Nos Anzug eher beige. Aber der würde doch fürchterlich schmutzen, so ein heller Boden, gaben mir Bekannte zu bedenken. Daran hatte ich nicht gedacht. Außerdem kann man sich als Designer schwer daran gewöhnen, dass visionäre Ideen mit vernünftigen Argumenten beiläufig vom Tisch gewischt werden. Sicherheitshalber bereitete ich mich auf ein Leben im Wendekreis des Wischmops vor. Ein Tag verging, eine Woche, ein Monat. Mein Boden war immer noch blitzsauber. Nach einem Vierteljahr wurde ich langsam misstrauisch. Ohne Rücksicht auf meinen neuen Dr. No Anzug begab ich mich auf meine Knie und unterzog den Boden einer genaueren Untersuchung. So sauber war der gar nicht mehr. Eine dichte Staub- und Dreckschmonze lag darüber, nach der Methode des Chamäleons unsichtbar, weil sie die gleiche Farbe hatte, wie der Boden, oder fast, vielleicht ist Dreck eher beige. (2009) |
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